Friedrich Wolf und Moritz Meyer

Dr. Friedrich Wolf

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Dr. Friedrich Wolf

wurde als Sohn des jüdischen Kaufmanns Max Wolf (1860-1919) und dessen Ehefrau Ida, geb. Meyer (1866-1919), am 23.12.1888 in Neuwied geboren. Nach dem Besuch der jüdischen Elementarschule besuchte er das dortige Gymnasium. Von 1907 bis 1912 studierte er Medizin, Philosophie und Kunstgeschichte an den Universitäten Heidelberg, München, Tübingen, Bonn und Berlin. 1912 legte er das medizinische Staatsexamen ab und promovierte danach mit einer Arbeit über „Die multiple Sklerose im Kindesalter“. Nach diversen Praktika wurde er 1914 zunächst Schiffsarzt und bei Kriegsbeginn Truppenarzt an der Westfront und danach an der Ostfront. Aufgrund seiner einschneidenden Eindrücke von Tod und Verstümmelung während des Kriegsgeschehens war er seit 1916 entschiedener Kriegsgegner. 1917 veröffentlichte er erste Prosastücke. 1918 verweigerte er den Kriegsdienst und wurde Lazarettarzt.

Der unbequeme Schriftsteller

1920 trat Wolf eine Stelle als Stadtarzt in Remscheid an, wo er sich mit dem Kampf der Arbeiter gegen den rechten Kapp-Putsch solidarisierte. Von 1921 bis 1928 arbeitete er auf Anregung seines Onkels Moritz Meyer als Arzt in Hechingen, von 1928 bis 1933 praktizierte Wolf als Kassenarzt in Stuttgart. Neben seiner medizinischen Tätigkeit, die er vorwiegend als eine soziale Verpflichtung empfand, fühlte er sich stets zur Schriftstellerei hingezogen. 1928 kam sein Buch „Die Natur als Arzt und Helfer“ heraus, dessen 4. Auflage in seinem Schweizer Exil gedruckt wurde. 1935 wurde das Buch indiziert, weil es für die Nacktkultur, die Probeehe und die Beseitigung des § 218 eintrete; vom Leiter des Rassenpolitischen Amtes Main-Franken, erscheint eine völlig verfälschende Neuauflage. 1928 trat Wolf der KPD bei, und 1929 erschien sein Stück „Cyankali“, das eine Diskussion über den Abtreibungsparagraphen hervorrief und u.a. in New York, Tokio, Moskau und Paris aufgeführt wurde. Internationalen Ruhm erlangte auch sein verfilmtes Drama „Professor Mamlock“ (1933), der an den zunehmenden NS-Repressalien gegen die Juden zerbricht und Selbstmord begeht.

Emigration und Verfolgung

1933 emigrierte Wolf mit seiner Familie über Österreich, die Schweiz und Frankreich in die Sowjetunion, wo er für Radio Moskau arbeitete. Am 22. April 1937 wurde die Ausbürgerung der gesamten Familie Wolf aus Deutschland in der Ausbürgerungsliste Nr. 13 vermerkt. Zusätzlich lag ein Fahndungsbefehl der Gestapo vom 11. Mai 1937 zur Sippenhaft und sofortigen Festnahme der Familie vor. Unter dem Eindruck des stalinistischen Terrors plante Friedrich Wolf 1937 als Arzt am Bürgerkrieg gegen Franco teilzunehmen, blieb jedoch aufgrund der unsicheren Lage 1938 in Frankreich. Dort wurde er bei Kriegsbeginn verhaftet und interniert. Mit falschem Pass gelang ihm 1941 die Ausreise. Er erhielt die sowjetische Staatsbürgerschaft, kehrte nach Moskau zurück und lehrte 1944 an der Antifa-Schule für deutsche Kriegsgefangene in Krasnogorsk.

Rückkehr nach Deutschland

1945 kehrte er nach Deutschland / DDR zurück. Dort wurde er Mitbegründer der deutschen Sektion der internationalen Schriftstellervereinigung P.E.N., Herausgeber der Zeitschrift „Kunst und Volk“ und von 1949-1951 erster Botschafter der DDR in Polen und 1950 Mitbegründer der „Deutschen Akademie der Künste“ Berlin / Ost.

Friedrich Wolf starb am 5.10.1953 in Lehnitz an einem Herzinfarkt. Seine Urne wurde in der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin-Lichtenberg beigesetzt. Im gleichen Jahr wurde sein jüngster Sohn aus dritter Ehe, Prof. Dr. Thomas Naumann, geboren. Aus der zweiten Ehe stammen die Söhne Markus (1923-2006, von 1952-86 Leiter der Hauptverwaltung Aufklärung in der DDR) und der Filmregisseur Konrad (1925-82). Das Grab der Eltern befindet sich auf dem Jüdischen Friedhof in Neuwied-Niederbieber (Standort D 40 a/b).

Auf ARD-Mediathek ansehen: „Friedrich Wolf, Kommunist und Lebemann“

 

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Dr. Moritz Meyer

Dr. Moritz Meyer,

der Onkel Friedrich Wolfs aus Hechingen, war ebenfalls eine faszinierende Persönlichkeit. Er wurde am 16.10.1872 in Neuwied geboren und übte einen großen Einfluss auf seinen Neffen aus. Auch er war Vegetarier und hatte sich der Naturheilkunde verschrieben. Friedrich Wolf widmete ihm sein Werk „Die Natur als Arzt und Helfer“.

Einzelgänger und Freigeist

Der frühere Landgerichtsrat war als Freigeist ein Original: Er zog sich in die Gemeinde Wessingen am Rand des Fürstenwaldes zurück und lebte dort mit Katzen, Hühnern, Ziegen, Böcken und einem Hund und behandelte vor allem die Landbevölkerung – kostenlos. Sein 1929 eröffnetes Waldbad Zollern wurde daher kein finanzieller Erfolg.

Moritz Meyer wurde am 4.7.1942 von den Nazis in das KZ Mauthausen im österreichischen Mühlviertel verschleppt und dort am 7.9.1942 ermordet.

Die Eintragungen auf dem Gedenkblatt für Moritz Meyer wurden von seinem Großneffen Markus Wolf bei Yad Vashem eingereicht, dem Sohn von Friedrich Wolf aus zweiter Ehe.

Markus Wolf, eine bis heute kontrovers diskutierte Persönlichkeit, war der legendäre Chef des Auslands­geheimdienstes der ehemaligen DDR, den er 34 Jahre lang bis 1986 leitete. Er starb im November 2006 in Berlin.

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Gedenkblatt für Moritz Meyer
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in Hechingen gemeldete Juden
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Erlaubnisschein
 

Neben dem Gedenkblatt listet Yad Vashem zwei weitere Dokumente über Dr. Moritz Meyer: die bescheinigte Erlaubnis, sich zu Erntearbeiten nach Wessingen zu begeben und eine vom 24.4.1942 datierte Liste der in Hechingen noch wohnhaften Juden. Danach war Moritz Meyer dort in der Frauengartenstraße mit seiner Privatwohnung gemeldet, hatte sich jedoch später endgültig in sein Waldhaus in Wessingen zurückgezogen.

 


Weiterführende Informationen:

LEO-BW Landeskundliches Informationssystem für Baden-Württemberg
Ines Mayer: Biographie von Dr. Moritz Meyer

Friedrich-Wolf-Gesellschaft, Oranienburg/Lehnitz
http://www.friedrichwolf.de

Wikipedia: Friedrich Wolf,
https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Wolf

Stadtführung Hechingen: auf den Spuren von Friedrich Wolf und  Moritz Meyer,
http://www.swp.de/hechingen/lokales/hechingen/endstation-kurbad-10951526.html

Quellen:

Gedenkbuch des Bundesarchivs für die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Deutschland 1933-1945 (Moritz Meyer),
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de928632

Yad Vashem, Jerusalem,
Eintrag zu Moritz Meyer

Fotos:
Friedrich Wolf: Bundesarchiv_Bild_183-14811-0013_Berlin
Moritz Meyer, Dokumente: Yad Vashem, Jerusalem

 

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