Sally Bodenheimer

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Sally Bodenheimer wurde am 27. April 1891 in Niederhochstadt bei Landau in der Pfalz geboren.

Er galt als künstlerisch begabt und wählte den Beruf des Schaufensterdekorateurs. Während seiner Arbeit für das Bekleidungsgeschäft Moses in Neuwied lernte er Herta Moses, die Tochter des Geschäftsinhabers, kennen und heiratete sie. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor: Edith, Hilde und Kurt. Die Familie wohnte in der Engerser Straße 34 (heute: Mittelstraße 11).

Am 15. November 1938 wurde Sally Bodenheimer verhaftet und in das KZ Dachau deportiert (siehe Häftlingskartei KZ-Gedenkstätte Dachau).

Am 30. März 1939 schickte seine Frau Herta die Kinder zu deren Schutz nach Holland.  Dort durchliefen Edith und Hilde 1939 die Quarantine Beneden Heijplaat, das Achterkloster und das Jewish Orhanage in Rotterdam. Ab dem 18.10.1939 kamen sie in Alkmaar, Westerweg, bei unterschiedlichen Familien unter. Nachdem die Nazis am 10. Mai 1940 in Holland einmarschiert waren, waren die Kinder auch dort nicht mehr vor ihnen sicher. Sie wurden in das Sammellager Westerbork transportiert, von wo aus sie am 15. September 1943 nach Bergen-Belsen und am 15. Januar 1944 nach Theresienstadt deportiert wurden, wo auch ihre Mutter – und auch eine zeitlang Sally Bodenheimer selbst – inhaftiert waren. Herta Bodenheimer und die beiden Kinder Edith und Hilde überlebten das KZ Theresienstadt.

Am 28. September 1944 wurde Sally Bodenheimer in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Die genauen Umstände seines Todes sind nicht bekannt. 

Der Sohn Kurt wurde wie wohl auch sein Vater in Auschwitz ermordet.

Die Kartei der Gestapo Koblenz [1] verzeichnet folgendes:
Am 21.5.1937 legte Sally Bodenheimer Einspruch gegen die Ablehnung seines Antrags auf Ausstellung eines Wandergewerbescheins ein, der ihm daraufhin am 3.8. erteilt wurde. Am 21.12.1938 teilte er der Gestapo mit, er wolle mit seiner Ehefrau nach Amerika auswandern. Mit Datum vom 17.6.1941 werden keine Bedenken gegen die Ausstellung der Reisepässe erhoben. Mit Datum vom 30.7.1943 wird mitgeteilt, er sei mit seiner Ehefrau „nach Theresienstadt verzogen“. Für "die Einziehung und Verwertung des Vermögens" sei das Finanzamt Neuwied zuständig. – In einer Akte der Töchter Franziska Hilde (geb. 27.9.1927) und Edith (geb. 30.1.1933) wird vermerkt, sie seien am 30.3.1939 nach "Holland ausgewandert". Derselbe Eintrag findet sich bei Kurt (geb. 20.8.1929). Ein weiterer Hinweis über sein Schicksal fehlt.

Liselotte Levy-Weil (lt. Plater Robinson, übersetzt):

„Sally Bodenheimer war ein häufiger Gast bei uns. Er dekorierte Geschäftsauslagen. Darin war er ein Künstler. Er war ein netter, schlanker junger Mann. Er aß gerne und so häufig bei unserer Rosa, dass er schließlich dafür bezahlte. Er heiratete Herta Moses, deren Familie auf der anderen Straßenseite lebte. Sie war die älteste von fünf Kindern. Ihre Schwester Liesel war einen Monat älter als Liselotte. Herta überlebte den Holocaust, Sally wurde schließlich nach Auschwitz deportiert, Liesel ist verschollen.”

 

Herta Heim, Witwe von Sally Bodenheimer, feierte am 3. Mai 2007 ihren 100. Geburtstag. Anlässlich dieses Jubiläums berichtete Lieselotte Levy-Weil (Tochter von Ferdinand und Rosa Levy) über ihre Tante:

„Sie hat 5 Enkel, 9 Urenkel und 2 Ur-Urenkel. Ihre Hobbies erhalten sie jung. Sie investiert im Aktienmarkt, beobachtet den Stand ihrer Aktien täglich und gibt ihren Kindern täglich telefonisch Ratschläge. Herta geht gerne spazieren, fährt nach Atlantic City und spielt gerne Karten. Sie ist in einer Canasta- und einer Bridgegruppe und spielt mehrmals wöchentlich. Sie liebt Familienzusammenkünfte und backt noch für die Familie. Sie reist häufig und hat viele Freunde. Sie hat immer gerne getanzt. Mathematik war ihr bestes Schulfach.

Seit 1998 lebt sie in … New Jersey und ist dort sehr aktiv. – Sie wurde in eine Mittelklasse-Familie in Neuwied hineingeboren. Als Teenager arbeitete sie in dem Bekleidungsgeschäft ihrer Eltern. Dort lernte sie ihren Mann Sally Bodenheimer, einen Künstler und Schaufenster Designer kennen. – Sie ist eine bemerkenswerte Frau. Herta hat den Holocaust mit bitteren Erinnerungen überlebt. 1938 musste sie sehen, wie ihr Mann auf einen Transport ins Konzentrationslager Dachau verschickt wurde; sie appellierte an die Verantwortlichen, ihn zurückzulassen. – Nachdem ihr Heim und das Geschäft zerstört waren und ihre Kinder Edith (6), Hilde (11) und Kurt (13) nicht mehr in die Schule gehen oder mit ihren Freunden spielen durften, schickte sie die Kinder nach Holland. Als die Nazis Holland eroberten, wurden sie in die Arbeitslager Bergen-Belsen und Westerbork transportiert. Wenige Jahre später wurden sie nach Theresienstadt verbracht, wo ihre Mutter war. Eine kurze Zeit lang war auch ihr Vater dort.

Obwohl die Bedingungen schrecklich waren, war Tante Herta imstande, das Konzentrationslager zu überleben, weil sie den Bewachern sagte, sie sei Näherin. Sie hatte Soldatenuniformen zu nähen. 1944 wurden ihr Mann und ihr Sohn Kurt auf Transport nach Auschwitz verbracht. Meine Tante Herta schrieb Briefe, flehte die Kommandanten an, aber ohne Erfolg. Sie erinnert sich an die letzten Worte ihres Sohnes: „Weine nicht, Mama. Ich muss dann auch weinen und kann die Leute dann nicht bitten, mich hier zu lassen.“ Sie überlebten nicht. Als sie erfuhr, dass ihre Tochter Hilde auf Transport gehen sollte, flehte sie wieder und schrieb Briefe. Diesmal nahm man sie aus dem Transport.

Als die Befreiung im Mai 1945 kam, konnte sie wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes nicht gleich zurück in ihre Heimatstadt. 1946 unterstützte ihr Schwager, der in den USA lebte, sie und die beiden verbleibenden Kinder, so dass sie am 27. Juli nach New York kommen konnten. Als sie gefragt wurde, worauf sie ihr Überleben zurückführte, sie konnte es nicht sagen, glaubte aber es sie die Hoffnung in ihr gewesen. Steven Spielbergs Shoa Interviewer dokumentierten ihre Geschichte. – Kurz nachdem sie in New York ankam, unterstützte sie ihre Familie als Schneiderin in einer angesehenen Firma im Garment District. Sie wohnte in Manhattan und in Queens. Herta heiratete 1951 Paul Heim, der 1975 an der Parkinson Krankheit starb.“

Aus Anlass des 100. Geburtstages von Herta Heim erinnerte die Rhein-Zeitung Neuwied in einem Artikel an Leben und Schicksal der früheren Neuwieder Mitbürgerin:
[Artikel lesen →]

Herta Heim, geb. Moses, verw. Bodenheimer schreibt in einem Brief an den damaligen Oberbürgermeister Schmelzer vom 25. Oktober 1979:

„Mein Name ist Herta Heim, geb. Moses, verw. Bodenheimer, aus Neuwied. - Ganz kurz möchte ich schildern, was mein Leben war. – Im Jahre 1938 hat man uns das Geschäft Engerserstr. 34 zerstört alles aus der Wohnung auf die Straße geworfen meinen Mann Sally Bodenheimer nach Dachau gebracht. März 1939 habe ich meine 3 kleinen Kinder 6, 8, 11 Jahre nach Holland gesandt um sie geschützt zu haben. 1940 hat man sie dort als die Deutschen nach Holland kamen in das Lager Westerborg gebracht. 1943 hat man sie getrennt u. 2 nach Bergen-Belsen transportiert. 5 Jahre war ich von meinen Kindern getrennt. – Im Jahre 1942 kam mein Mann und ich nach Theresienstadt. Jan. 1944 plötzlich kam ein Transport von Holland mit meiner Tochter. 10 Tage später die 2 Kleinen aus Bergen-Belsen. Am 28. Sept. 1944 transportierte man meinen Mann nach Auschwitz ich sah ihn nie wieder. Alle umgebracht, in der Nacht hatte ich meinen ersten Herzinfarkt. 3 meiner Geschwister und fast alle meine Familien Mitglieder sind umgekommen. – Ich schreibe nicht gerne alle diese Erlebnisse, es fällt mir sehr schwer. Da ich nicht mehr die Jüngste bin möchte ich zu gerne mit meinen Mädels noch einmal in die Stadt wo wir alle geboren sind.“ 

Das USC Shoa Foundation Institute (USA) führte 2012 ein Interview mit Herta Heim, in dem sie die Umstände ihrer Deportation schilderte.

 

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Quellen:

Gedenkbuch des Bundesarchivs für die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Deutschland (1933-1945),
http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html

[1] LHA Koblenz, HV 113, Kartei der Gestapo Koblenz

Brief von Herta Heim, geb. Moses, verw. Bodenheimer /USA

Interviewaussagen von Liselotte Levy-Weill, USA; Plater Robinson, Tulane University, New Orleans/USA

Miriam Keesing (NL), Dokin, http://www.dokin.nl/deceased-children/kurt-bodenheimer-born-20-aug-1929

Digital Monument to the Jewish Community in the Netherlands,
http://www.communityjoodsmonument.nl/page/39768

Interview mit Herta Heim: Youtube

Abb. 1 u. 2: Yad Vashem, Jerusalem

Abb. 3 u. 4: Webseite des "The Advertiser"

 

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Sally Bodenheimer <br><br>Foto: Yad Vashem, Jerusalem, http://db.yadvashem.org/names/nameDetails.html?itemId=1535920&language=de
Abb. 1: Sally Bodenheimer
Sally Bodenheimers Sohn Kurt<br><br>Foto: Yad Vashem, Jerusalem, http://db.yadvashem.org/names/nameDetails.html?itemId=787419&language=de
Abb. 2: Kurt Bodenheimer
Liselotte Levy-Weil:<br />bei ihren Eltern (Ferdinand u. Rosa Levy) war Sally Bodenheimer h&auml;ufiger Gast<br /><br />Foto: theadvertiser, http://www.legacy.com/obituaries/theadvertiser/obituary.aspx?pid=167497439
Abb. 3: Liselotte Levy-Weil
Liselotte Levy-Weil:<br />bei ihren Eltern (Ferdinand und Rosa Levy) war<br />Sally Bodenheimer h&auml;ufiger Gast<br /><br />Foto: the advertiser, http://www.legacy.com/obituaries/theadvertiser/obituary.aspx?pid=167497439
Abb. 4: Liselotte Levy-Weil
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