Julius Levy

Julius Levy wurde am 21. September 1886 in Fluterschen (Kreis Altenkirchen) geboren.

Er wohnte zusammen mit seiner Ehefrau Frida Levy, geb. Platz, in Gladbach, Sandgasse 35 (heute: Sandgasse 5, Neuwied, Stadtteil Gladbach). Julius kam als schwer Kriegsbeschädigter mit einem steifen Arm aus dem 1. Weltkrieg. Er arbeitete als Viehhändler und vor seiner Deportation musste er in der Blechwarenfabrik Aubach in Niederbieber Zwangsarbeit leisten.

Laut der Gestapokartei Koblenz wurde Julius am 21. Juli 1940 festgenommen, weil er nach Zeugenaussage bei einer Unterhaltung über die Bombenabwürfe durch Feindflieger gesagt haben soll: "Ihr habt es ja so gewollt." Am 28. August 1940 wurde er aus der "Schutzhaft" entlassen.

Julius Levy musste am 30. März 1942 sein Haus in Gladbach mit nur einigen wenigen Habseligkeiten verlassen und sich am Neuwieder Bahnhof zum Transport nach Koblenz einfinden . Später wurde er ab Trier über Köln am 27. Juli 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert und dort lt. Gedenkbuch Berlin am 7. September 1943 ermordet.

Bericht Eberhard Blohm: "Jüdische Familien aus den Gemeinden der Verbandsgemeinde Altenkirchen"; Rengsdorf 2008, S. 126/7:
Familie Meyer Levy (Fluterschen) hatte 3 Söhne: Louis (1878 - 1903), Moritz (11. September 1879 - ermordet in Riga) und Julius Levy. Der dritte Sohn Julius Levy (*21. September 1886 Fluterchen) war verheiratet mit Frida Levy, geb. Platz (*5. September 1885 in Neuwied-Gladbach und ermordet am 29. Januar 1943 in Auschwitz). Er kam als schwer Kriegsbeschädigter aus dem 1. Weltkrieg und lebte in Neuwied-Gladbach als Viehhändler in der Sandgasse 5. Vor seiner Deportation musste er Zwangsarbeit bei der Blechwarenfabrik Aubach in Neuwied-Niederbieber leisten. Am 27. Juli 1942 wurden seine Frau und er von Köln nach Theresienstadt deportiert. Julius Levy ist dort verschollen. Seine Frau Frida wurde vermutlich am 26. Januar 1943 von dort nach Auschwitz gebracht und ermordet.

Frau Anneliese Stockhausen, geb. Lahr, Gladbach, erzählt:
„Unsere nächsten Nachbarn waren Levys. Wir Kinder sagten nur Onkel Levy und Tante Frida. In gewissen Zeiten gab es immer Matzen für uns Kinder. Bekamen wir ein Kalb, hat Herr Levy immer geholfen. Auch wenn der Vater im Feld war, hat Herr Levy den Stall überwacht. Sollten Hühner geschlachtet werden, hat Herr Levy das gemacht. In Köln hatten Levys Verwandte, die oft zu Besuch kamen, die Jett mit der Tochter Ruth.

1937 zu meiner Kommunion schenkten Levys, die natürlich zur Feier eingeladen waren, mir ein Silberkettchen mit Kreuz; das habe ich heute noch, und seit der Kristallnacht ist es mir heilig. Das gebe ich nicht her; das nehm ich mit ins Grab.

Die Kristallnacht war für uns Kinder – auch für mich – ich war ja schon 11 Jahre alt – ganz, ganz schlimm. Zu der Zeit wohnte schon Familie Platz, Max und Rosa (ich glaube, die war aus Bacharach) bei Levys. Wir hatten Turnen, und ich kam die Kirchstraße und Sandgasse herunter aus der Schule. In der Kirchstraße kam uns ein Auto entgegen. Vorne saßen zwei Mann in Uniform, und hinten saßen Max  und Julius. Sie kamen nach 2 oder 4 Tagen (genau weiß ich das nicht) wieder heim.

In der Sandgasse war es dann zu schrecklich für ein Kind. Alles lag auf der Straße – meist kaputt. Rote-Rüben-Brühe lief die Straße hinab; das sah aus wie Blut. Das sehe ich heute noch vor mir. Im Fenster – das war auch kaputt – hing an einem Besenstiel eine (von den Nazis?) beschmutzte Unterhose von Tante Frida. Das war so beschämend.

Etwas später waren alle vier Personen mal eine kurze Zeit in Sayn in der Anstalt, kamen aber (nach wie langer Zeit, weiß ich nicht) wieder zurück (ich glaube wegen Platzmangel). Sie hatten überhaupt nichts mehr, kamen auch nicht mehr zu uns rüber, weil es ihnen verboten war.

Die Mutter ließ uns Mädchen immer einiges hinter ihr Hoftürchen legen: eine Flasche Milch, ein paar Eier, etwas Gemüse und Kartoffeln. Dann kam einmal ein Mann, der sagte zu den Eltern: Gebt acht! Ihr werdet beobachtet! Sonst wird bei Euch auch entrümpelt. Auch als meine Eltern nach der Kristallnacht die vielen Scherben wegkehrten, wurden sie gewarnt und weggeschickt: Die Scheiße sollen die selber wegräumen.

Irgendwann 1942 waren alle vier Juden dann zusammen weg, und man hat nie mehr etwas von ihnen gehört."

Die Eltern und Geschwister:

Julius' Eltern waren der Metzger Meyer Levy, geboren 1847 in Fluterschen, gestorben am 11.September 1915 in Altenkirchen, und Johanna Levy, geb. Meyer, geboren 1853 in Hamm/Sieg, gestorben am 25.Juli 1893 in Altenkirchen. Sie hatten fünf Kinder.

Bruder Louis Levy, geboren 1878 in Fluterschen, gestorben 22.11.1903 in Fluterschen, verstarb als junger Erwachsener.

Bruder Moritz Levy, geboren am 11.9.1879 in Fluterschen, wurde am 11.12.1941 mit seiner Frau von Düsseldorf nach Riga deportiert, wo sie am 13. Dezember 1941 ankamen. Das Todesdatum der beiden in Riga ist nicht mehr festzustellen.

Über das Schicksal der Schwester Selma Levy, geboren am 17.11.1884 in Fluterschen, und des Bruders Albert Levy, geboren am 31.03.1888 in Fluterschen, ist nichts bekannt.

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Quellen:

Gedenkbuch des Bundesarchivs für die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Deutschland (1933-1945),
http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html

Ortschronik des Bürgermeisteramtes Engers, Bestand 510 Nr. 2

Gestapokartei Koblenz

Eberhard Blohm: Jüdische Familien aus den Gemeinden der Verbandsgemeinde Altenkirchen (Rengsdorf 2008): S.126/7

Aussage von Frau Anneliese Stockhausen, geb. Lahr,
Neuwied Stadtteil Gladbach

Blohm, S. 126, Jüdische Familien vormals aus Fluterschen

Georg Stockschlaeder, www.ahnenreich.de/retrospect/juden/index.php?m=family&id=I92746

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