Friedrich Cremer

Friedrich (Fritz) Cremer wurde am 2. November 1894 in Gelsdorf bei Ahrweiler geboren und war seit dem 23. Februar 1922 mit Caroline Thea (Theodora) Cremer, geb. Baer, aus Trier verheiratet .

Er wohnte in Neuwied in der Mittelstraße 61/68 (heute: Mittelstraße 75) und führte dort als Einzelhandelskaufmann ein Geschäft.

Friedrich Cremer und seine Frau Caroline hatten eine Tochter, Rosemarie-Susanna, geboren am 6. Februar 1929 in Neuwied, und einen Sohn, Philipp Walter, geboren am 8. Mai 1923. 

Nach der Reichspogromnacht 1938 war die bürgerliche Existenz der Familie vernichtet. Geschäft und Wohnung wurden völlig demoliert, Friedrich Cremer selbst wurde vom 15. bis 20. November 1938 in Dachau inhaftiert.

 Am 25. Dezember 1938 gelang ihm die Flucht in die Niederlande, wo er zunächst von der holländischen Regierung in die Quarantaine-Station Zeeburgerdijk 321 in Amsterdam eingewiesen wurde.  Am 30. März 1939 folgten ihm auch seine Kinder Rosemarie Susanna (10 Jahre) und Philipp Walter (16 Jahre) in die Niederlande. Dort waren sie zunächst in einer Quarantänestation Hejplaat in Rotterdam untergebracht. Wann seine Ehefrau Caroline Thea in die Niederlande kam, ist nicht bekannt.

Am 2. April 1939 schrieb Friedrich Cremer einen Brief aus der Quarantaine-Station an den Justizminister in Den Haag mit der Bitte, zusammen mit seinen Kindern untergebracht zu werden.

Am 27. Februar 1940 kam Friedrich Cremer als Lagerinsasse in das Flüchtlingslager Westerbork. Dorthin wurden am 17. April 1940 auch sein Sohn Philipp Walter gebracht. Am 25. August 1940 stieß auch Tochter Rosemarie Susanna zu ihrer Familie.

Ab 1. Juli 1942 war das Lager unter der Besatzung der deutschen Wehrmacht als "Polizeiliches Judendurchgangs­lager Westerbork" der Abfahrtsort von insgesamt 93 Zügen nach Auschwitz, Sobibor, Theresienstadt und Bergen-Belsen. Bis zum 18. Januar 1944 blieb Friedrich Cremer mit seiner Familie in Westerbork in der Baracke Nr. 14 interniert. Während dieser Zeit wurde er von der Lagerleitung als Anstreicher und seine Frau als Barackenleiterin beschäftigt.

Am 18. Januar 1944 wurde die gesamte Familie von Westerbork aus wegen "besonderer Verdienste" zunächst nach Theresienstadt depotiert. Am 28. September 1944 wurde Friedrich Cremer weiter nach Auschwitz und von dort am 10. Oktober 1944 nach Dachau deportiert. Dort wurde er am 17. Dezember 1944 im Außenlager Kaufering ermordet (siehe Häftlingskartei KZ-Gedenkstätte Dachau).

Ehefrau und Tochter wurden in Theresienstadt von den Russen befreit und wanderten über Amsterdam in die USA aus.

In einem Interview erzählt die Tochter Rosemary Arnold, geb. Cremer, ausführlich über ihr Schicksal:

Im Alter von 6 Jahren durfte sie als Jüdin nicht in die normale Schule gehen; der Unterricht wurde ihr von einem jüdischen Lehrer in einer einklassigen Schule erteilt. Nach der Reichsprogromnacht 1938 wurde ihr Vater, der Einzelhandelskaufmann war, in "Schutzhaft" genommen. Ihr Geschäft wurde demoliert; alle Gegenstände des Geschäfts sowie ihrer Wohnung im 1. Stock wurden auf die Straße geworfen. Ihr Vater wurde nach Dachau deportiert, die Familie konnte ihn nach 2 Wochen freikaufen.

Dann erhielt er den Befehl, Deutschland zum 1. Januar 1939 zu verlassen, allerdings unter der Bedingung, dass er in ein Lager eingeliefert würde. Der Vater lebte in Amsterdam, Rosemarie und ihr Bruder, die ihm am 1. April gefolgt waren, in Rotterdam. 1940 wurden die beiden Kinder gezwungen, am Aufbau des Durchgangslagers Westerbork mitzuarbeiten. Die Familie wurde dort 1941 wiedervereint. Die Mutter arbeitete als Leiterin einer Baracke, der Vater als Maler und der Bruder in der Verwaltung. Rosemarie führte Transportlisten in die KZs, hauptsächlich nach Auschwitz.

1944 wurde die ganze Familie in das KZ Theresienstadt deportiert. Rosemarie pflegte völlig entkräftete Menschen, die aus anderen KZs dort eingeliefert wurden. Nach der Befreiung erlaubten die Niederlande ihr und ihrer schwerst kranken Mutter die Rückkehr nur nach größten Schwierigkeiten. Von dort wanderten sie zunächst nach New York und danach zu Rosemaries Onkel und Tante nach Chicago aus.
(Interview auf Youtoube ansehen...)

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Quellen:

Gedenkbuch des Bundesarchivs für die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Deutschland (1933-1945),
http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html

Miriam Keesing (NL), Dokin, http://www.dokin.nl/deceased-children/philipp-walter-cremer-born-8-may-1923

José Martin, Herinneringscentrum Kamp Westerbork

Google-Sites: https://sites.google.com/site/rosemaryarnoldbio/16-transcripts

Video: https://www.youtube.com/watch?v=dkOnsLn8A1Q

KZ-Gedenkstätte Dachau

Abb. 1: Miriam Keesing (NL) Webseite Dokin

Abb. 2: Plater Robinson, Tulane University, New Orleans, USA

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Brief von Friedrich Cremer an den Justizminister in Den Haag<br /><br />Quelle:  http://www.dokin.nl/deceased-children/philipp-walter-cremer-born-8-may-1923
Abb. 1: Brief von Friedrich Cremer an den Justizminister in Den Haag
Sohn von Friedrich Cremer: Philipp Walter
Abb. 2: Sohn von Friedrich Cremer: Philipp Walter
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